1OOO jährige Eiche bei Allrode
gefallen
Es war einmal...
Aufgeschrieben von der Projektgruppe Forstgeschichte der ÖSEB
Elbingerode.
... in einem
Frühjahr vor ungefähr 1000 Jahren brach aus einer im Laub
verborgenen Eichel ein zarter Keimling, streckte sich nach dem spärlichen
Licht, das durch die Kronen des Harzer Urwalds drang. Die Laubwälder des Mittellharzes dehnten sich
endlos weit. Nahezu unberührt waren sie, bescheiden
menschliche Siedlungen waren nur in der Nähe herrschaftlicher Jagdhöfe oder
aber bei ergiebigen Erzlagerstätten zu finden Das Land stand unter der
Herrschaft Heinrich des Löwen, der dieser trotzig
seinem Kaiser Friedrich
Barbarossa erst unlängst wieder abgerungen hatte. Um diese Zeit war auf
der Burg Falkenstein Eike von Repgo mit der Niederschrift seines
Sachsenspiegel befasst. Der Eichensämling
wurde zum Stämmchen, musste sich gegen viele
Konkurrenten durchsetzen, erstarkte, wurde ein Baum. Wohl zweihundert Jahre mühte er sich bis er es nach ganz oben geschafft hatte.
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Seine
Krone wurde nun breit, mächtig, beschirmend. Jäger, Köhler,
Fuhrleute sah er ihren mühsamen Tätigkeiten nachgehen, Dorfschweine mästeten sich an seiner reichen Eichemast.
Wohl weil er ein Mastbaum war, konnte er den unerbittlichen
Menschenwerkzeugen Axt und Säge entgehen. Er wurde mit den
Jahrhunderten immer stärker, er „setzte Speck an". Allmählich gruben
sich tiefe Runzeln in sein borkiges Gesicht, niemand wagte nun mehr Hand an den Baumrecken zu legen.
Die Heerscharen
des 30jährigen Krieges zogen, oft mordend und
brandschatzend, an der Eiche vorüber. Auch spätere Kriege - es waren viele-
überstand sie. Verheerende Herbststürme eisige endlose Winter,
Dürre und Blitz ertrug sie, alles mit stoischer Ruhe aber auch mit ungeheurer
Lebensenergie. Etwa 25 Menschengenerationen erlebte der Baum.
Staatengebilde kamen und gingen, er aber stand felsenfest. Irgendwann vor sehr
vielen Jahren begann auch dieser Waldrecke zu altern. Die
Zeit der Jahrhunderte
hatte ihm Narben geschlagen, die sich ablösenden Waldgenerationen um ihn
herum mögen ihn auch zeitweilig bedrängt
haben. Äste wurden trocken, sein Stamm von nahezu 2m auf dem Stock
wurde faul. Diese Krankheit fraß sich in seinem Inneren unaufhaltsam weiter bis eine Höhlung
entstand, in der Handvoll Menschen gut Platz fand. Der Baum lebte dennoch
weiter, trotz sich auflösender Krone, spendete selbst unendlich vielen
Tieren des Waldes lebenserhaltende Nahrung sowie Zuflucht. Jeder
Besucher, der
diesen längst zum Denkmal gewordenen Baum sah, empfand staunende Ehrfurcht.
An einem Tag Anfang
August des Jahres 2000 ist sie nun gefallen, die „1000-jährige Eiche"
zwischen Allrode und Stiege. Ihre mächtigen Bruchstücke
bedecken
den sie so lang tragenden Waldboden. Über Jahrzehnte wird sie noch zu bewundern
sein, wenn sie als „Totholz" weiterlebt für unzählige Kleinlebewesen. In einigen
in ihrer Nachbarschaft stehenden Eichen einer neuen Generation lebt sie
ohnehin schon fort. Diese
knorrige Eiche, bis vor kurzem wahrscheinlich die
älteste noch grünende in Sachsen-Anhalt, ist Zeuge einer weit zurück
liegenden
Zeit: Sie ist von der unverfälschten Harzbestockung übrig geblieben, von
Urwäldern, die kein Mensch durch Saat oder Pflanzung geformt hatte.
Diese Eiche
war ein wirklich alter Baum, der Jahrhunderte wachsen durfte, zuletzt auch von
Menschen
geschützt wurde, und der nun in Würde
sein natürliches Ende fand. |
Wir sind dankbar für jeden Besuch bei ihm in den vergangenen Jahren,
und
stolz auf die erst vor wenigen Wochen gemachten ,,historischen" Fotos. |
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