Eine Nonne

 

In der Besiedlungsperiode des Harzes entstanden auch viele Klöster. Einige über den Harz hinaus bekannte Klöster waren sicher das Kloster Walkenried oder das Kloster Drybeck. Aber auch viele kleine Klöster der verschiedensten Orden gründeten sich. In der Nähe von Allrode soll in alter Zeit auch ein Nonnenkloster bestanden haben. Der Flurnamen "Das Nonnenhölzchen" weisen noch heute darauf hin. Das sich um das ‚Nunnenholz‘ genügend Legenden ranken ist verständlich. 

So soll die Äbtissin dieses Kloster in einem Krieg (wahrscheinlich der Dreißigjährige) von den Söldner brutal in den Brunnen geworfen sein. Andere Legenden behaupten, sie sei selbst in den Brunnen gesprungen, um nicht geschändet zu werden. Wie dem auch sei, Geschichten über diese Nonne oder die Nonnen gingen in alten Zeiten unter den Allrödern um. Mehrfach wurde eine Nonne gesehen oder ihre Taten bemerkt. Eine dieser Geschichten berichtet nun folgendes:

 

Ein Mann hatte Zahnschmerzen. Ihn hatten schon den ganzen Tag und auch den Abend die Schmerzen gequält. Weder Weidenrinde noch Nelken hatten die Schmerzen gelindert. So ging er spät ins Bett. Aber die Bettfedern verstärkten seine Schmerzen und der Zahn pochte immer stärker. Er hatte lange gezögert weil ein Gang zum Bader immerhin bis zum Nachbarort Güntersberge ging. Es war schon sehr spät, als er sich endlich entschloss, doch den weiten Weg anzutreten. Er zog sich an, warf sich noch einen Mantel über und ging los. Auf seinem Weg passierte er auch den kleinen Bach, welcher aus der vermeintlichen "Nonnenquelle" gespeist wird. Gerade will er den Bach mit einem großen Schritt überqueren, da steht auf der anderen Seite eine hoch gewachsene Nonne in weißem Hemd und schwarzer Kutte. Sie reicht ihm wortlos die Hand. Er ist erschrocken und weicht einige Schritte zurück. Die Nonne verschwindet im fahlen Mondlicht.

Der erste Schreck ist vorbei und dem Mann plagen wieder die Zahnschmerzen. Diesmal geht er aber ein Dutzend Schritte bachabwärts um sicher zu sein. Als er den Bach wieder überqueren will, steht dieselbe Nonne wieder auf der anderen Bachseite und reich ihm wieder die Hand. Er sieht ganz deutlich die Knochenhand. Dieser Schreck geht ihm unter die Haut. Er dreht um und will nach Hause gehen, aber nach hundert Schritten holt ihn der Schmerz wieder ein.

 

. Jetzt beschließt er den Bach viel weiter unten zu überqueren, auch wenn das ein Umweg ist. Gedacht, getan. Als er aber nach zehn Minuten Weg den Bach überqueren will, steht auf der anderen Bachseite wieder die Nonne mit vorgestreckter Hand. Ganz so schlimm ist der Schreck nicht, er kennt ja nun die Nonne. Bisher waren ihre Begegnungen lautlos. Diesmal glaubte er ein leises Seufzen zu hören, als er davonlief.

Wieder holten in die Schmerzen ein, obwohl er sich ganz fest vorgenommen hatte nach Hause zu gehen. Dieses Mal wollte er oberhalb der Quelle seine Weg nehmen. Als er aber in einigem Abstand um die Quelle herum ging, stand die Nonne im gleißenden Mondlicht mitten in der Quelle.

Er überquerte die imaginäre Linie in Richtung Güntersberge und war froh nun zum Bader freien Weg zu haben  Nach einigen Schritte hörte er ein markerschütterndes Geräusch. Er drehte sich erschrocken um. Die Nonne stand immer noch in der Quelle. Sie sah ganz gequält aus und versank langsam in der Quelle. Die Hand hatte sie immer noch ausgestreckt, aber jetzt hilfesuchend. Die Nonne stöhnte und wimmerte. Dem Mann überkam Mitleid, er wollte die Nonne aus der saugenden Quelle ziehen. Aber es war zu spät! Bevor er ihre Hand greifen konnte verschwand sie in dem Loch. "Nun noch hundert Jahr" waren ihre letzten Worte. Es war wie ein Schrei und dieser Schrei mischt sich mit der Kirchturmglocke, welche gerade Ein Uhr schlägt.

 

 

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